Übergewicht

Übergewicht bei Hunden: Das solltest du wissen

Hilfe, mein Vierbeiner ist zu dick! Übergewicht und Fettleibigkeit zählen tatsächlich zu den bedeutendsten Erkrankungen unserer Fellnasen. Denn oft unterschätzen Hundebesitzer das Gewicht ihres Hundes: Hier etwas zu viel Hundefutter, da noch ein Leckerli – und ehe wir es bemerken, ist unser Liebling eine Spur zu moppelig geworden.

Tierärztin Dr. Julia Vietmeier erklärt dir, wie es zu Übergewicht bei Hunden kommt, was die Folgen sein können und was du tun kannst.

Übergewicht erkennen: Ist mein Hund zu dick?

Laut aktueller Studienlage gelten mittlerweile bis zu ca. 65 % der erwachsenen Hunde als zu dick – mit steigender Tendenz in den letzten 30 Jahren!

  • Wiegt ein Hund mehr als 10 % mehr als sein Idealgewicht vorsieht, gilt er als übergewichtig.
  • Überschreitet sein Körpergewicht das Idealgewicht um 20 %, spricht man von Fettleibigkeit (Adipositas).

Oft kannst du leichtes Übergewicht noch nicht am Verhalten deines Hundes erkennen. Hier hilft nur eine Einschätzung durch den Body Condition Score (BCS).

Die folgenden Anzeichen können auf deutliches Übergewicht deines Hundes hindeuten:

  • zu eng anliegendes Halsband / Geschirr
  • keine Lust auf Bewegung
  • er ist langsamer unterwegs als früher
  • Kurzatmigkeit, vermehrtes Hecheln
  • er fühlt sich anders an als früher
  • die Taille ist schlecht sichtbar
  • die Rippen sind schwer zu fühlen

Folgen von Übergewicht bei Hunden

Bekannterweise ist Übergewicht ein echtes Risiko für die Gesundheit deines Liebling. Die unliebsamen Folgen können sein:

  • Fortpflanzungsstörungen
  • erhöhtes Operations- und Narkoserisiko
  • verminderte Lebenserwartung: Studien haben gezeigt, dass Hunde mit Normalgewicht im Mittel fast 2–3 Jahre länger leben als übergewichtige Hunde.
  • Risikofaktor für die Entstehung von Tumoren/Krebs
  • geschwächtes Immunsystem: Das Fettgewebe kann Hormone und verschiedene stoffwechselaktive Substanzen produzieren. Diese wiederum können zu dauerhaften leichten Entzündungsprozessen im Körper führen und indirekt das Immunsystem beeinflussen. Auf diese Weise entstehen bei übergewichtigen Hunden leichter Harnwegsinfektionen, Hauterkrankungen oder Ähnliches.

Zudem kann Übergewicht teils schwerwiegende Folgeerkrankungen nach sich ziehen, z. B.

  • Diabetes Mellitus
  • Bluthochdruck
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Atemwegserkrankungen
  • Probleme an den Gelenken, Arthrose und andere orthopädische Erkrankungen
  • Harnwegserkrankungen

Tierärztin Dr. Julia Vietmeier:

„Übergewicht ist heutzutage eine der häufigsten Erkrankungen unserer Hunde. Eine Gewichtszunahme über das normale Maß hinaus ist in vielerlei Hinsicht schädlich für die Lebenserwartung und die Lebensqualität unserer Fellnasen und sollte nicht unterschätzt werden!“

Ursachen von Übergewicht: Welche Hunde sind betroffen?

Übergewicht entsteht immer dann, wenn es eine Überversorgung mit Energie gibt. Dieser Zustand entsteht beispielsweise bei

  • erhöhter Energiezufuhr durch eine Überversorgung an Nahrung, z. B. zu große Futtermengen,
  • einem verringerten Energieverbrauch durch Bewegungsmangel oder
  • einem verminderten Grundumsatz des Stoffwechsels, etwa durch eine Erkrankung.

Überschüssige Energie wird als Körperfett gespeichert, bevorzugt als Fettgewebe unter der Haut und zwischen den inneren Organen – oft mit negativen Folgen für unsere Vierbeiner.

Die wichtigsten Ursachen und Faktoren für Übergewicht sind:

Füttern menschlicher Nahrung:

Deinen Hund am Tisch zu füttern, führt leicht zu Übergewicht, da der Kaloriengehalt von Nahrungsresten schnell unterschätzt wird. Gerade für kleine Hunde wird das zur Gefahr: Schon kleine Mengen unserer Speisen können zu einem Überschuss an Energie führen.

Zu große Futtermenge:

Oft schätzen Hundehalter den Ernährungszustand ihres Tieres falsch ein und nehmen sein Gewicht gar nicht negativ wahr. Hier bist du gefragt: Leckerchen und Kauartikel solltest du in die Tagesration mit einrechnen und sparsam verabreichen.

Falsche Fütterungsempfehlung:

Die Fütterungsempfehlungen der Hersteller sind häufig recht hoch angesetzt. Das liegt daran, dass diese Ergebnisse häufig anhand von Laborhunden ermittelt werden, die meistens eher jung sind und im Rudel leben – und damit eine erhöhte Aktivität aufweisen. Der normale Haushund hat eher einen geringeren Energiebedarf. Dementsprechend solltest du die empfohlene Futtermenge ein wenig reduzieren.

Falsche Abmessung des Hundefutters:

Anstelle das Futter mit dem Auge oder einem Messbecher abzumessen (bei welchen du unbewusst oft mehr gibst), solltest du lieber zur Küchenwaage greifen – das ist die sichere Variante. Eine Studie hat gezeigt, dass auch ein zu großer Hundenapf dazu führen kann, per Augenmaß mehr Futter hineinzufüllen als in einen kleinen Napf.

Falsch eingeschätzter Energiebedarf:

Sind Hunde sehr sportlich unterwegs, brauchen sie mehr Energie und natürlich etwas mehr Futter als Hunde, die nur kleine Gassirunden unternehmen. Da unsere Fellnasen bedingt durch ihren Körperbau allerdings wahre Meister im Energieeinsparen sind, geschieht es leicht, dass das Ausmaß der benötigten Energie zu hoch eingeschätzt wird.

Schmerzen:

Spürt dein Hund Schmerzen aufgrund einer orthopädischen Erkrankung oder muss er nach einer Operation Ruhe halten, sinkt sein Energieverbrauch durch den Mangel an Bewegung – entsprechend weniger oder kalorienärmer solltest du füttern.

Kastrierte Hunde:

Nach einer Kastration neigen Hunde schneller zu Übergewicht. Indem bestimmte Hormone nicht mehr produziert werden, ändert sich der Stoffwechsel. Die Folge: Kastrierte Hunde haben weniger Lust auf Bewegung und ihr Appetit steigt. Nach einer Kastration solltest du daher das Futter anpassen, in der Regel sollte eine Reduktion des Energiegehalts um 10–25 % ausreichend sein.

Seniorenhunde:

Seniorenhunde spielen meist weniger als ihre jungen Artgenossen und auch die Spaziergänge werden kürzer. Daher sollten auch sie weniger energiereiches Futter erhalten, um den veränderten Ansprüchen gerecht zu werden.

Krankheiten:

Stoffwechselerkrankungen wie z. B. eine Schilddrüsenunterfunktion oder Morbus Cushing führen häufig zu Übergewicht. Es kommt zu Störungen im Fett- und Muskelstoffwechsel, die zu Bewegungsunlust und weniger Fettabbau führen.

Medikamente:

Manche Medikamente können ebenfalls dazu führen, dass ein Hund übergewichtig wird. Kortison beispielsweise kann appetitanregend wirken und im Körper zu mehr Fetteinlagerung führen. Sprich hierzu am besten mit deinem Tierarzt und lass dich beraten!

Rassenzugehörigkeit:

Einige Rassen neigen zu Übergewicht, darunter etwa

Bei letzterem ist sogar bewiesen, dass eine Veränderung im Genom besteht, die das Sättigungszentrum im Gehirn und den Energieumsatz beeinflussen. Bei diesen Rassen muss die Futtermenge strikt reguliert werden. Je kleiner die Hunde, desto schneller wird der tägliche Energiebedarf falsch eingeschätzt und umso schneller entsteht durch die Fütterung von Speiseresten, Leckerchen und Kauartikeln ein Kalorienüberschuss, der zu Übergewicht führen kann.

Tierärztin Dr. Julia Vietmeier:

“Der Energiebedarf eines Hundes kann schnell überschritten werden. Besonders bei kleinen Hunden: Ein 10 kg schwerer Hund hat mit 100 g getrocknetem Schweineohr schon ca. 80–90 % seines Tagesbedarfes an Kalorien erreicht. Daher solltest du Extraportionen immer gezielt einsetzen und die Hauptmahlzeit entsprechend reduzieren.“

Der Body Condition Score (BCS) bei Hunden: Übergewicht berechnen

Eine reine Schätzung des idealen Körpergewichtes ist häufig schwierig für Hundebesitzer: Sie neigen dazu, ihre oft etwas übergewichtigen Fellnasen als normalgewichtig anzusehen.

Hier hilft der Body Condition Score (BCS). Hierbei werden markante Körperstellen von Hunden insbesondere auf kleine Fettpolster untersucht, wie

  • die Rippen,
  • die Taille,
  • der Schwanzansatz oder
  • der Bereich zwischen Bauch und Brustkorb,

und mit Hilfe einer Skala eingeteilt.

Meistens wird eine Skala von 1–9 gewählt (Variante von Laflamme, aus dem Jahr 1997) – das bedeuten die Zahlen:

  • Nummer 1 = starkes Untergewicht
  • Nummer 5 = normalgewichtig
  • ab Nummer 6 = übergewichtig
  • Nummer 9 = starkes Übergewicht

Je eine Stufe höher als 5 bedeutet ein Übergewicht von 10 % über dem Idealgewicht. Bei einem BCS von 8 hat der Hund also 30 % Übergewicht.

Wann ist ein Hund übergewichtig?

Eine Abweichung von 10 % über dem Normalgewicht gilt als Übergewicht. Bei einer Abweichung von mehr als 20 % spricht man von Fettleibigkeit (Adipositas).

Das Idealgewicht deines Hundes kannst du auf unterschiedliche Weise erfahren:

  • Es gibt Tabellen mit dem Idealgewicht für unterschiedliche Rassen, diese bieten schon einmal einen Anhaltspunkt.
  • Der anhand der Skala ermittelte individuelle BCS kann für eine Schätzung des Idealgewichtes herangezogen werden: Der aktuelle BCS wird bestimmt und kann rechnerisch Aufschluss über das Zielgewicht bieten. Auch der Tierarzt kann helfen, das Idealgewicht deiner Fellnase zu bestimmen.

Wann hat ein Welpe Übergewicht?

Bei Welpen und Junghunden greift diese Art der Skalierung leider nicht:

Ein Welpe wird nicht dick, er wächst nur schneller. Das bedeutet, er kann – obwohl er anhand der Skalierung als normalgewichtig eingestuft würde – zu viel Gewicht haben.

Das führt häufig zu schwerwiegenden orthopädischen Erkrankungen im späteren Hundeleben.

Bei Welpen kann anstelle des BCS eine rassespezifische Wachstumskurve herangezogen werden, die sich nach dem Idealgewicht im Erwachsenenalter richtet. Zur Gewichtskontrolle wird dein Welpe wöchentlich gewogen und anhand der Wachstumskurve überprüft, ob er altersentsprechend wiegt:

  • Abweichungen nach oben müssen vermieden werden,
  • eine Abweichung nach unten ist in der Regel für kurze Zeit nicht so schlimm.

Mein Hund hat Übergewicht – was kann ich tun?

Falls du festgestellt hast, dass deine Fellnase etwas zu viel Gewicht auf die Waage bringt, helfen schon kleine Maßnahmen, um hier entgegenzusteuern. Julia hat 5 Tipps für dich, wie du dich nun verhalten solltest:

  1. Fütterungsroutine prüfen: Wurde etwas verändert? Bekommt der Hund vermehrt zusätzliche Leckereien, z. B. von anderen Menschen? Hat sich an der Bewegungsroutine etwas verändert?
  2. Besuch beim Tierarzt: Ein Blutbild kann helfen, Stoffwechselerkrankungen aufzudecken. Gerade wenn dein Hund trotz Diät nicht abnehmen will, kann eine Erkrankung wie eine Schilddrüsenunterfunktion dahinterstecken.
  3. Futterumstellung: Vielleicht ist eine Umstellung auf ein kalorienreduziertes Futter nötig, damit der Energiehaushalt des Hundes ausgeglichen ist. Gerade Senioren und kastrierte Hunde haben hier spezielle Anforderungen.
  4. Mehr Bewegung: Falls keine Erkrankung dagegen spricht, verschaffe deinem Vierbeiner mehr Bewegung. Vielleicht gibt es Aktivitäten wie Joggen oder Radfahren, oder auch eine Hundesportart, die euch beiden Spaß macht? Auch wenn dein Hund durch eine Gassirunde extra allein nicht viel mehr Energie verbraucht, führt doch der Muskelaufbau dazu, dass sich der Grundumsatz erhöht und dein Hund insgesamt etwas mehr Kalorien verbrennt.
  5. Konsequenz: Auch wenn du den bettelnden Hundeaugen kaum widerstehen kannst – gib nicht nach! Mehr Leckerlis oder eine größere Tagesration Futter sind keine gute Idee! Eine kleine Kuscheleinheit oder Spiel und Spaß führen genauso, wenn nicht besser, zu einer guten Bindung. Setze lieber auf kalorienarme Alternativen zur Belohnung und investiere in die Gesundheit und die Lebensqualität des Hundes!

Mein Hund ist übergewichtig – trotz wenig Futter!

Wenn dein Vierbeiner trotz eingehaltener Maßnahmen zur Diät kein Gramm abnimmt und auch eine erneute Überprüfung der Maßnahmen zu keinem besseren Ergebnis führt, ist der Gang in die Tierarztpraxis unerlässlich:

  • Eine ausführliche Untersuchung und ein Blutbild geben Aufschluss, ob dem Übergewicht möglicherweise eine Erkrankung zugrunde liegt, die ein Abnehmen unmöglich macht, z. B. eine Schilddrüsenunterfunktion, die gerade im Anfangsstadium schwer zu diagnostizieren ist.
  • Auch eine Überprüfung des Ernährungsplanes und
  • der Medikamentengabe durch einen Fachmann sind sinnvoll.

Fazit: Übergewicht bei Hunden ist verbreiteter als viele denken. Da ein zu gut gemeinter Lebensstil bei deinem Liebling für ein Zuviel an Kilos sorgen kann, was sowohl Krankheiten begünstigen als auch die Lebensqualität einschränken und gar die Lebenserwartung verkürzen kann, solltest du dich regelmäßig davon überzeugen, dass dein Vierbeiner normalgewichtig ist. Hatte euer Hund schon einmal ein paar Kilos zu viel? Welche Ursachen konntet ihr finden?

Dr. Julia Vietmeier

Tierärztin Dr. Julia Vietmeier

ist promovierte Fachtierärztin und setzt in ihrer Praxis auf Chiropraktik und Akupunktur.
Sie legt großen Wert auf die ganzheitliche Behandlung ihrer vierbeinigen Patienten.

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